Richtlinien und Lehrpläne für die Grundschule

Grundschule: Die Grundschule in Deutschland umfasst die Schuljahre 1 bis 4 (mit Ausnahme einzelner Schulversuche mit den Schuljahren 1 bis 6). Die Anzahl der Unterrichtsstunden pro Woche variiert i.d.R. zwischen 19 und 25 Stunden (jeweils 45 Minuten); hierin enthalten ist ggf. Förderunterricht. Für das dritte Schuljahr (Klassenstufe des durchzuführenden Unterrichtsexperiments) sind 23 - 24 Unterrichtsstunden pro Woche vorgesehen (1. Schuljahr: 19 - 20 Stunden; 2. Schuljahr: 21 - 22 Stunden; 4. Schuljahr: 24 - 25 Stunden), davon i.d.R. 5 Stunden Mathematik. Die Anzahl der Schülerinnen und Schüler pro Klasse variiert zwischen 16 und 32 Kindern.

Die folgende Übersicht zeigt die Verteilung der Inhalte auf die vier Grundschuljahre (aus: KM 1985, 30f.)

Klasse 1
Arithmetik Geometrie Größen
  • Zahlvorstellungen im Raum bis 100 gewinnen
  • die Zahlen im Raum bis 20 unter verschiedenen Gesichtspunkten darstellen, ordnen, vergleichen
  • Zahlen im Raum bis 20 addieren, subtrahieren, zerlegen, ergänzen, verdoppeln, halbieren; dabei mit Gesetzmäßigkeiten vertraut werden und diese nutzen; einfache Gleichungen und Ungleichungen anwendungsbezogen lösen.
  • die Sätze des »Kleinen 1+1« im Zahlenraum bis 20 gedächtnismäßig beherrschen
  • Ziffern und Zeichen (+, - , =, >, < ) formklar und bewegungsrichtig schreiben, Zahlaussagen mit plus, minus, gleich, größer als, kleiner als lesen und schreiben
  • Raumerfahrung und -vorstellung durch Bewegung im Raum gewinnen, dabei Lagebeziehungen kennen (links von - rechts von, über - unter - zwischen, innerhalb - außerhalb)
  • geometrische Formen bauen, nachbauen, umbauen, auslegen, zerlegen, nachlegen
  • einfache Muster zeichnen, dabei auch Gegenstände als Schablone nutzen
  • Geldbeträge (parallel zum Zahlenraum) mit Münzen und Banknoten darstellen, wechseln und nach Werten ordnen
  • wichtige Preise und Gebühren des täglichen Lebens kennen
  • Erfahrungen mit Kalender und Uhr machen
  • Mengen von Dingen aus der Lebenswirklichkeit ordnen und sortieren; Verteilungen auszählen und darstellen
Klasse 2
Arithmetik Geometrie Größen
  • die Zahlen im Raum bis 100 unter verschiedenen Gesichtspunkten darstellen (auch bündeln), ordnen, vergleichen
  • mit ein- und zweistelligen Zahlen additiv rechnen, dabei mit Gesetzmäßigkeiten vertraut sein und diese für vorteilhaftes Rechnen nutzen; einfache Gleichungen und Ungleichungen anwendungsbezogen lösen
  • Grundvorstellungen des multiplikativen Rechnens gewinnen; Zahlen multiplizieren, dividieren (aufteilen, verteilen), multiplikativ zerlegen
  • Sätze des »Kleinen 1x1« gedächtnismäßig beherrschen; einfache Gleichungen und Ungleichungen lösen, dabei Zusammenhänge aufdecken und nutzen
  • die Grundrechenarten miteinander verbinden, dabei Eigenschaften von Zahlen und Zahlbeziehungen entdecken und beschreiben
  • differenziertere Erfahrungen zu Lagebeziehungen gewinnen
  • geometrische Grundformen (Quadrat, Rechteck, Dreieck, Kreis, Quader) in der Umwelt erkennen und Modelle herstellen
  • Parkettmuster (auch auf Gitterpapier) zeichnen und ausmalen
  • Strecken zeichnen und abmessen
  • mit Münzen und Banknoten umgehen, Kenntnisse von Gebühren und Preisen nutzen
  • Grunderfahrungen zu Abständen und Längen aufbauen; Längen schätzen und messen; realistische Vorstellungen zu den Einheiten m und cm erwerben
  • mit den alltäglichen Zeitmaßen (Monat, Woche, Tag, Stunde, Minute) vertraut sein; mit Uhr und Kalender umgehen; Verständnis für Zeitpunkt und Zeitdauer gewinnen
  • Mengen von Dingen aus der Lebenswirklichkeit ordnen und sortieren; Verteilungen auszählen und darstellen; einfache Tabellen und Diagramme lesen und erstellen
Klasse 3
Arithmetik Geometrie Größen
  • die Zahlen im Raum bis 1000 unter verschiedenen Gesichtspunkten darstellen (auch bündeln), ordnen, vergleichen
  • mit größeren Zahlen mündlich rechnen, dabei Gesetzmäßigkeiten für vorteilhaftes Rechnen nutzen; einfache Gleichungen und Ungleichungen durch inhaltliche Überlegungen lösen
  • das gesamte »Kleine 1x1« gedächtnismäßig beherrschen und bei Aufgaben mit größeren Zahlen anwenden; einfache Gleichungen und Ungleichungen lösen
  • durch einstellige Zahlen dividieren (mit und ohne Rest)
  • schriftliches Addieren und Subtrahieren geläufig beherrschen, dabei Proben und Überschlagsrechnungen einbeziehen
  • die Grundrechenarten miteinander verbinden, dabei Zahleigenschaften und Zahlbeziehungen aufzeigen
  • sich im Raum orientieren (Himmelsrichtung, Bewegungsrichtung)
  • achsensymmetrische Figuren in der Umwelt entdecken, sie nachbauen und zeichnen
  • die Zweckmäßigkeit der Symmetrie erfahren
  • Schmuckfiguren zeichnen
  • Kenntnisse über Geldwerte, Längen und Zeitspannen anwenden; messen und schätzen
  • Längen mit passenden Hilfsmitteln ausmessen; die Einheiten km, m, dm, cm, mm kennen und einfache Umwandlungen durchführen
  • Erfahrungen mit Gewichten gewinnen; mit verschiedenen Waagen messen und Gewichte schätzen; Vorstellungen zu den Einheiten kg, g erwerben
  • Vorerfahrungen mit Raum- und Flächeninhalten machen
  • die Kommaschreibweise für Geldbeträge (DM, Pf) und Längen (m, cm) verwenden
  • mit einfachen Brüchen (bei Größen) umgehen
  • Daten aus der Lebenswirklichkeit sammeln, in Tabellen und Diagrammen darstellen und auswerten
Klasse 4
Arithmetik Geometrie Größen
  • die Zahlen im Raum bis 1000000 unter verschiedenen Gesichtspunkten darstellen (auch bündeln), ordnen, vergleichen
  • Zahlen runden und Überschlagsrechnungen durchführen
  • Lösungsstrategien zu den 4 Grundrechenarten entwickeln und nutzen und vor allem im mündlichen Rechnen bewusst machen; Gleichungen und Ungleichungen durch inhaltliche Überlegungen lösen
  • Zahlmengen vielfältig untersuchen, dabei Zahleigenschaften und Zahlbeziehungen aufdecken; einfache Teilbarkeitseigenschaften bei Rechenproben verwenden schriftlich multiplizieren (mit bis zu dreistelligen Faktoren), dabei Überschlags- und Kontrollrechnungen durchführen
  • schriftlich dividieren (Divisor einstellig oder reine Zehnerzahl), dabei Überschlags- und Kontrollrechnungen durchführen
  • die Fachtermini addieren, subtrahieren, multiplizieren, dividieren verwenden
  • Erfahrungen zu ebenen und räumlichen Figuren gewinnen, Formen in der Umwelt entdecken und nachbauen
  • Parkettierungen herstellen, dabei auch Vorerfahrungen zum Messen von Flächen gewinnen
  • ebene Figuren vergrößern und verkleinern (Gitterpapier)
  • zeichnerische Fertigkeiten ausbauen
  • in den Größenbereichen die folgenden Einheiten verwenden:
  • Geldwerte: DM, Pf
  • Längen: km, m, dm, cm, mm
  • Zeitspannen: Jahr, Monat, Woche, Tag, Stunde, Minute, Sekunde
  • Gewichte: t, kg, g
  • Rauminhalt: l (Liter)
  • zu jedem Größenbereich Repräsentanten aus der Erfahrungswelt kennen und beim praktischen Messen anwenden; Größen schätzen und messen
  • beim Messen passende Einheiten wählen; Beziehungen zwischen benachbarten Einheiten kennen und beim Umrechnen anwenden; Bruchteile von Größen kennen
  • Stichproben aus der Lebenswirklichkeit erheben, bearbeiten und auswerten

Lehrerausbildung: In Deutschland werden Lehrerinnen und Lehrer in zwei Phasen ausgebildet mit einer ersten Phase an der Universität und einer zweiten in Studienseminaren. Zu Beginn des Studiums an der Universität wählen die Studierenden sowohl die Schulstufe als auch die Unterrichtsfächer. Da sich die Universitätsausbildung in den einzelnen Bundesländern z.T. sehr stark unterscheidet, sei hier lediglich die Lehrerbildung an Universitäten Nordrhein-Westfalens beschrieben. Hier müssen Studierende, die die Schulstufe »Grundschule« wählen, drei Unterrichtsfächer studieren. Verpflichtend sind darunter die Fächer »Mathematik« und » Deutsch«, von denen eines als Schwerpunktfach mit insgesamt 42 Semestewochenenstunden studiert werden muss, das andere als weiteres Unterrichtsfach (mit 22 Semesterwochenstunden). Zusätzlich wird ein drittes Fach (auch im Umfang von 22 Semesterwochenstunden) je nach Angebot der Hochschule gewählt (bspw. Sport, Musik, Sachunterricht). Die Studien für Mathematik verteilen sich auf Fachwissenschaft (z.B. Arithmetik, Elementargeometrie oder Zahlentheorie) und Fachdidaktik (z.B. Didaktik der Arithmetik, Didaktik der Geometrie oder Didaktik des Sachrechnens). Bei Wahl von Mathematik als Schwerpunktfach (weiteres Unterrichtsfach) entfallen 22 - 24 (12) Stunden auf fachwissenschaftliche Studien und 20 - 22 (10) Stunden auf fachdidaktische Studien.

Verständnis von Lernen und Lehren: Lernen allgemein und speziell das Mathematiklernen wird als aktive Aneignung von Wissen verstanden und entsprechend Lehren als Organisation von Lernprozessen: »Den Aufgaben und Zielen des Mathematikunterrichts wird in besonderem Maße eine Konzeption gerecht, in der das Mathematiklernen als ein konstruktiver, entdeckender Prozess aufgefasst wird. Der Unterricht muss daher so gestaltet werden, dass die Kinder möglichst viele Gelegenheiten zum selbsttätigen Lernen in allen Phasen des Lernprozesses erhalten« (KM 1985, 26). Auch wenn dies als Grundsatz zur Unterrichtsgestaltung im Lehrplan festgeschrieben ist, kann sicherlich noch nicht von einer flächendeckenden Realisierung ausgegangen werden. Wie dieses Ziel realisiert werden soll und kann, wird im folgenden bei der Dokumentation und Analyse des Unterrichtsexperiments verdeutlicht.

KM - Der Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.; 1985). Richtlinien und Lehrpläne für die Grundschule in Nordrhein-Westfalen: Mathematik. Köln: Greven Verlag